Tag 13: Heimradeln entlang bekannter Pfade

DieStrecke von Koblenz nach Bonn ist uns von verschiedenen Touren bereits bekannt – Aber reizvoll ist sie trotzdem, weil sie auf schönen Strecken den Rhein entlang führt. Ja, die Wege sind manchmal nicht in einem idealen Zustand wenn sich die Baumwurzeln unter dem Weg hochdrücken, aber grundsätzlich kann man hier unbeschwert fahren.

Die letzte Etappe ist immer irgendwie anders und besonders. Oft will man sie besonders schnell machen, weil man ein lange gestecktes Ziel erreichen will, manchmal macht einen der Gedanke eine Tour zu vollenden sonst irgendwie “kribbelig”. Ich konnte die Nacht vor dieser Schlussetappe beispielsweise schlecht schlafen…. Natürlich gab es keinen Grund zur Aufregung, warum auch?!

Wir haben das Losfahren bewusst auf die Zeit gelegt, wenn der Grossteil des Berufsverkehrs vorbei sein sollte (also nach 09:00 Uhr). Berufsverkehr ist in Städten die man nicht gut kennt nie angenehm – und wir hatten es ja nicht eilig.

Einmal raus aus Koblenz ging es dann relativ schnell an den Rhein und wieder gab es Strecken, die in breiten Talabschnitten lagen – gesäumt von Apfelbäumen mit leuchtenden Äpfeln und stoppeligen Getreidefeldern. Dahinter der Rhein und das Ganze eingerahmt von Hügelketten wie dem Siebengebirge.

Spätestens, wenn man Bad Breisig und danach Remagen erreicht, weiss man dass man wirklich ganz nah an zuhause ist. Ab dann fühlt es sich wie ein Heimspiel an

Bad Breisig

Remagen

Wie während der ganzen Tour wurden wir wieder von allen Altersklassen überholt: Von Rennfahrern ist man das ja gewöhnt, aber inzwischen fahren gefühlt alle anderen über 10 Jahre alten Menschen e-Bikes. Da sind beladene Trekkingräder mit altmodischen Selbst-Tret-Antritt in Sachen Geschwindigkeit klar im Nachteil.

Wir sind in den 2 Wochen 913 km geradelt, durch 4 Bundesländer gekommen und haben viel Flüsse begleitet und einige überquert und gut 7800 Höhenmeter gemacht. Wir haben Naviki als Karten- und PlanungsApp lieben gelernt. Vor allem, weil man damit auch Cafes, Restaurants oder Übernachtungsmöglichkeiten finden kann. Und was haben wir damit Tolles gefunden, was uns sonst sicher entgangen wäre!

Das Radwandern zusammen hat viel Spass gemacht – die Lust auf das Entdecken neuer Dinge, ganz darauf angewiesen zu sein, dass man sich selbst fort bewegt. Die Geduld des einen mit dem anderen, wenn die Kräfteverhältnisse unterschiedlich sind oder doch mal etwas nichtganz klappt. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Tour.

Übernachtungstipp Bonn: Zuhause, im eigenen Bett. Man kennt alles und es ist angenehm vertraut. Man kann Kleidung in einer Waschmaschine waschen, die seit 2 Wochen täglich getragen und nur mit der Hand gewaschen werden konnten. Ein Luxus, den man (jetzt) zu schätzen weiss.

Tag 12: Den Rhein entlang bis Koblenz

Von Oestrich-Winkel aus entschlossen wir uns die Fähre auf die andere Rheinseite zu nehmen, um dem Touristenmagnet Rüsselsheim auf der “Oestricher Seite” zu umgehen. Damit sahen wir auch Strecken, die wir noch nie gesehen haben.

Es war ein bilderbuchmässiger Fahrradtag. Das Wetter war ideal und wir radelten am “Weltkulturerbe Mittelrhein” entlang. Damit gibt es in diesem Blogeintrag auch viele, viele Fotos und weniger Text. Ich bin alle paar Meter stehen geblieben und habe die verschiedenen Burgen fotografiert – und es ist eben das: ein Bilderbuch!

Angler am Rhein

Unsere Strecke heute !

Auffällig seit wir den Rhein erreicht haben ist, wie wenig Wasser er führt. man sieh Felsen und manchmal Bereiche, die wie ein Enten-Schwimmbad aussehen. Die Schiffahrt hat im Spätsommer 2018 nicht viel Platz auf dieser Wasserstrasse.

Aus der Tierwelt haben wir dieses Mal ein Storchennest gesehen und die Gänse fliegen wieder…

Morgen sind es nur noch 64km bis nach Hause – dann haben wir ca. 920km Strecke gefahren und es sehr genossen. Der Abschlussbericht folgt!

Tag 12: Ein perfekter Fahrradtag

Es gibt Tage, an denen stimmt einfach alles: Morgens wird man von der Sonne und blauem Himmel geweckt, man frühstückt gemütlich und dann geht es auf eine angenehm kurze Strecke von 49km.

Wir kamen wieder einmal durch wunderbare Weinberge, nur dieses Mal mit nur geringen Steigungen, die dazu auch noch angenehm zu fahren waren. Dazu dann noch Rückenwind und Sonnenschein – es war wirklich das reinste Vergnügen. Pausen? Wozu, wenn es gerade so gut läuft und so hübsch ist überall…?

Und wenn es so schön ereignislos ist, dann muss man das auch geniessen und feiern können… ganz ohne Reue. Manchmal ist das Leben einfach ein Fest.

Eltville

Vor Oestrich-Winkel

Ach ja… wir haben uns ja in Gundelsheim schon den Traum von der Übernachtung in der Schokoladenmanufaktur erfüllt….. was könnte danach noch kommen…? Na ja… wie wäre es mit der Sektmanufaktur? Tadää!!!!!

Übernachtungstipp Oestrich-Winkel: Sektmanufaktur F.B Schönleber

Vom Senior wurden wir herzlich in Empfang genommen, der Junior zeigte uns dann nicht nur, wo wir die Fahrräder im Weinkeller abstellen können, sondern erklärte uns gleich mit, wie die Flaschengärung funktioniert – an seinen eigenen, prämierten Sektflaschen. Ich bin etwas neidisch, auf die Unterkunft unserer Räder heute Nacht! Das Zimmer ist gross und schön, das Abendessen mit Wein und Sekt traumhaft. Ich will hier eigentlich nicht mehr weg….!

https://www.fb-schoenleber.de

Weinkeller – in dem unsere Fahrräder stehen

Tag 11: Flache Strecken sind nicht immer flach. Auf dem Weg zum Rhein

Die Strecke von Neustadt/Mussbach nach Nierstein am Rhein war mit 82km etwas länger als unser normaler Durchschnitt, aber da es überwiegend flach sein sollte und durch die schöne Weinstrasse führt waren wir recht kribbelig losfahren zu können. Ausserdem sagten Wettervorhersage und Regenradar voraus, dass wir trocken durch den Tag kommen würden. Nach den letzten, regnerischen tagen war diese Vorhersage eine gute Nachricht. Damit radelt es sich deutlich entspannter.

Flach war es auf den ersten 30km zwar nicht wirklich, aber die tollen Ausblicke inmitten der Weinreben entschädigten für die müden Beine.

Kurz nach Mussbach

Weinberg hinter Deidesheim

Wir kamen durch viele schöne Orte voller Straussenwirtschaften, alter Weingüter und immer freundlich grüssender Menschen. Besonders schön war Deidesheim – nicht nur, weil wir das kölsche Lied “Du (bist die Stadt)” in einer Dudelsack-Version in der Altstadt hörten. Aber das war auf jeden Fall ein besonderes Erlebnis.

Deidesheim_1

Deidesheim_2

Auch Freinsheim mit dem schönen Cafe “Zucker &

Salz” war einen Abstecher wert. Lautes Lachen schallte bis auf die Strasse und war zusammen mit der Aussicht auf einen leckeren Kaffee so verführerisch, dass wir hier eine erste Pause einlegten.

Kurz danach war es dann auch mit den Anstiegen vorbei und es ging gemütlich bergab mit Rückenwind und guten Strassenbelägen. Plötzlich geht dann alles ganz einfach und schnell. Es ist immer wieder erstaunlich, wieviel dieses Gegebenheiten ausmachen. Gerade schlechte Radwege können manchmal sehr anstrengend sein. Gute hingegen sind die ein solches Vergnügen, dass auch längere Strecken leichter machbar sind.

Am Ende dieses schönen Fahrradtages stand das Wiedersehen mit dem Rhein in Nierstein.

Tag 10: Jenseits des Neckars, ab in die Deutsche Weinstrasse. Und Gewitter am Himmel…

Heute haben wir das Neckartal verlassen.

Und ich gebe zu, dass ich den Neckarrradweg auch kein zweites Mal mehr mehr radeln muss…. In Heidelberg hatten wir das Vergnügen ein hübsches “Nerd Cafe” mit tollen Croissants zu finden, wo wir die ersten Kilometer genüsslich herunter spülten.

Coissant und Cappucino im Cafe Nerd
Bei der Ankunft im wunderbaren Speyer hatten wir bereits 40km hinter uns. Es war schönster Sonnenschein und wir genossen die Mittagspause mit Blick auf den Speyrer Dom und ruhten uns von der teilweise stressigen und lauten ersten Streckenhälfte aus.
Speyer Dom

Und dann ging es ab in die Wälder Richtung Neustadt. Die Wege waren kieferngesäumt und wenn man durch die Nase atmet, dann duftet es ganz wunderbar.

Pinienwald zwischen Speyer und Neustadt

Was aber auch zunehmend dominant wurde war das Donnergrollen am Himmel…. Die Wolken wurden immer dunkler, das Donnern kam immer näher. Ich strampelte so schnell ich konnte, aber … wir entkamen dem Wolkenbruch trotzdem nicht. Unter lautem Fluchen versuchten wir die elektronischen Geräte und dann uns trocken zu legen bevor es weiter ging. Einmal mehr kamen wir tropfnass im Hotel an.

Das sind Blogs, in denen es wenige Fotos gibt…

Übernachtungstipp Neustadt a.d. Weinstrasse:

“Altes Weinhaus” in Neustadt Mussdorf. Schön eingerichtete Zimmer mit eigenem Balkon. Das Weinhaus hat dazu einen hübschen und gemütlichen Aufenthaltsraum mit gefülltem Kühlschrank für einen abendlichen Umtrunk. https://www.altesweinhaus.de

Tag 8 & 9: Schokolade, Burgen und Höhenmeter

Von Marbach aus ging es bei blauem Himmel auf die Strecke nach Gundelsheim. Nach den letzten regnerischen Tagen tat es gut, die Sonne zu spüren während wir uns Richtung Heilbronn auf den Weg machten.

Die ersten Kilometer entlang ruhiger Strassen und durch Felder waren der perfekte Start in einen herrlichen Fahrradtag. Und wir merkten auch schnell, dass wir auf der Burgenroute waren – die Strecken entlang des Neckar ist hier voller alter Gemäuer, die hier und da aus dem Wald hervor lugen.

Während wie jeden Tag die allermeisten Dörfer tagsüber weder ein offenes Café noch einen Biergarten zu haben scheinen, war es diesmal etwas anderes. Dieser war zwar geschlossen, aber beeindruckend gut auf seine fahrradfahrenden Gäste vorbereitet. Und wir hatten eine tolle Mittagspause in einem Biergarten direkt am Neckar nachdem wir Heilbronn hinter uns gelassen hatten. Wir sind schließlich bis Gundelsheim geradelt und ja, die Leute wurden immer freundlicher. Die Radfahrer und Fußgänger grüßen und sehen fröhlicher aus als vor ein paar Tagen. Mit ebenfalls steigender Laune sahen wir uns dann den Traum einer Übernachtungsmöglichkeit an: Ein Zimmer in einer Schokoladenmanufaktur!

Übernachtungstipp Gundelsheim: Schokoladenmaufaktur Schell.

http://www.schell-schokoladen.de

Saubere und gute Zimmer, Eigene garage für Fahrräder und ein Frühstück für das ich jederzeit weit, weit radeln würde. Die Eigentümer sind sehr hilfsbereit und wir hatten das grosse Vergnügen von ihnen zu einem Eis nach dem Abendessen eingeladen zu werden — natürlich eigenes Eis aus der eigenen Herstellung.Herz, was willst Du mehr? http://www.schell-schokoladen.de

Auch sonst besticht Gundelsheim durch hübsche Gassen und Häusern aus dem 17./18. Jahrhundert. Klein aber sehr fein!

Nach einer guten Nach mit süssen Schokoladenträumen ging es weiter nach Neckargemünd – etwa 10km vor Heidelberg. Da wir es beide nicht wirklich genießen auf unseren Radwanderungen in Städten zu sein – sei es durch sie hindurch zu manövrieren oder dort zu bleiben, wählen wir eher die kleineren Städte oder Dörfer zwischen den Städten aus, um dort zu bleiben. Also dieses Mal hiess das Ziel Neckargemünd. 64km sah der Plan vor und angeblich flach.

Das mit dem flach hat eindeutig nicht hin gehauen – nachdem wir fixund fertig mit zittrigen Armen angekommen sind haben wir gemerkt, dass das ständige auf und ab, das wir auf dem Radweg erlebt haben in Summe mehr Höhenmeter ergab als die Überquerung der Schwäbischen Alb. Beim letzten Anstieg stand ich jedenfalls kurz vor der Meuterei und wollte wirklich, wirklich, wirklich nicht mehr weiter!

Dazwischen aber gab es ordentlich was zu sehen. Burgen an jeder der vielen Biegungen des Neckar und ettliche Schleusen. Sehr , sehr schön. Die letzten 20km Schotterstecke waren sehr anstrengend. Und darum kommen hier die Highlights der Burgen und Wege einmal geballt als Augenschmaus:

Morgen geht es weiter nach Neustadt an der Weinstrasse, wo unser Weinstrassen-Trip beginnt….!

Tag 7: 35km Industrie und das überraschende Marberg

Von Nürtingen aus sind wir dem Neckar weiter gefolgt – wohlwissend, dass sowohl der Fluss als auch seine angrenzende Kulturlandschaft stark von seiner Industrie geprägt sind. Die ersten 35-40km der Strecke waren weder schön, noch war der Radweg in einem guten Zustand. Wir kamen gut voran, aber es lohnte sich wenig auch mal rechts oder links zu gucken.

Erst nach Bad Cannstatt wurde es besser und wir sahen schöne Weinberge mit kleinen Hütten darin

Weinberg hinter Bad Cannstatt

Nachdem wir die erste Hälfte der Strecke deutlich hinter uns hatten bot sich ein Kontrastprogramm: Der Neckar mutete natürlicher an, er roch weniger nach Chemikalien und die Landschaft wurde ruhiger und schöner. Die gesamte Umgebung war weniger der Produktion und Industrie gewidmet.

Neckartalradweg nördlich von Bad Cannstatt

Rast mit Kälbchen

Danach waren es nur noch 15km bis zur Geburtsstadt Schillers: Marbach.

Wir waren vollkommen überrascht, dass Marbach sowohl eine mittelalterliche Stadtmauer als auch eine Altstadt mit Fachwerkbauten aus dem 17. und 18. Jhd. aufweisen kann. Was für eine hübsche Stadt!

Stadttor in Marbach

Haus in Marbach

Morgen werden wir uns weiter auf den Weg nach Bad Wimpfen machen – die letzten Industriegebiete und grossen Städte sollten vorerst hinter uns liegen. Das heisst wir werden durch schöne und abwechslungsreiche Landschaften fahren. Hoffentlich ohne viel Regen und Gegenwind!

Übernachtungstipp Marbach: Gaststätte “Zum Bären”. Mitten in der Altstadt vonMarbach in einem historischen, wunderbar renovierten Haus it sehr freundlichen Besitzern. Die Zimmer sind gut ausgestattet, die Räder sicher in einem abgestellten Raum verstaut.

https://www.baeren-marbach.de

Tag 6: Von der Schwäbischen Alb ins Neckartal. Down, down we go

Der Mensch ist ja glücklicherweise lernfähig. Wir haben gestern gelernt, dass Regenkleidung besser wirkt, wenn man sie anzieht und nicht nur in der Satteltasche mit sich herum trägt. Wer hätte das gedacht?!

Beim ersten Regentropfen nach etwas mehr als einem Kilometer vom Startpunkt in Dapfen haben wir uns also umgezogen. Das war auch deshalb sehr angenehm, weil es oben auf der Alb auch kühl war nach dem Regen. Ausserdem war die geplante Strecke bis Tübingen dadurch gekennzeichnet, dass sie von der Schwäbischen Alb aus überwiegend bergab verlief. Und das teilweise steil. Da war die Regenkleidung auch als Windschutz nützlich.

Dieses Mal in voller Regenmontur

… Radweg mal ohne Sonnenschein

Der Radweg führt gut ausgeschildert durch das Lautertal und war auch ohne Sonnenschein schön. Bei besserem Wetter muss es wunderschön sein. Während des Vormittags sah man den Dunst des Regens vom Vortag in Schwaden aus den Wäldern aufsteigen. Es dauerte bis in den Nachmittag, bis Sicht und Wege weitgehend klar waren.

Nebelschwaden im Lautertal

Richtung Reutlingen kann man dann seine Bremsen testen. 9% Gefälle hat man auch nicht überall auf Fahrradwegen.

9% Gefälle – runter geht’s ins Neckartal

Es ging lang bergab – wieder einmal auf einem Weg der ausschliesslich für Fahrräder frei ist und damit so sicher wie man es sich auf einem Rad nur wünschen kann. Die Ausschilderung könnt Ihr hier bewundern – und das meine ich ganz ernst. Solche Ausschilderungen sind grossartig, wenn man mal nicht mit gutem Kartenmaterial unterwegs ist. An jeder Abbiegung standen weitere Wegweiser und halfen bei der Orientierung – ein Traum! Während der Abfahrt durften wir auf unserer linken Seite dieses Schloss bewundern – okay, vorher haben wir dann doch kurz angehalten…

Weiter und immer weiter ging es auf dem Weg ins Neckartal, auf schönen Wegen – aber begleitet auch von abweisenden Gesichtern anderer Radfahrer oder Spaziergänger. Wir haben schon lange die unbewiesene Theorie, dass die Menschen besser gelaunt sind, wo Wein angebaut wird. Mit unserer selektiven Wahrnehmung wird es uns in den Weinbaugebieten bestimmt wieder so vorkommen, als stimme das. Und während wir weiter leicht bergab vor uns hinrollten, kam uns ein Jogger mit Kinderwagen entgegen und deutete mit Gesten an, dass er uns gerne etwas fragen möchte. Wir hielten und sahen, dass sein vermeindlicher Kinderwagen beklebt und voller Campngutensilien war. Und auf den Aufklebern stand: “France – India“. Er wollte sich versichern, dass er nach Münsingen auf dem richtigen Weg war und wir kamen kurz ins Gespräch. Er plant 250 Tage ein – und sein Lächeln begleitet uns für den ganzen restlichen Tag!

Joggend von Frankreich nach Indien – mit breitem Lächeln!

Als wir auf einer kleinen Anhöhe knapp einem Auto ausweichen konnten sahen wir die Berge, über die wir einen Tag zuvor gekommen sind. Manchmal ist es gut, wenn man vorher nicht so genau weiss, wie die Landschaft aussieht. Das würde einen ab und zu nur entmutigen.

Blick auf die Schwäbsche Alb, kurz vor Tübingen

Die letzten Kilometer nach Tübingen hinein waren wenig schön zum fahren, aber etwas, das beim Erreichen von Städten oft vorkommt. Plötzlich verläuft der Fahrradweg neben der Bundesstrasse mit viel Verkehr. Es ist laut, irgendwie unruhig und unangenehm – quasi eine Transitstrecke um die man nicht herum kommt, wenn man ankommen möchte. Man nimmt sie hin, aber man möchte sie nicht wiederholen. Und so war es hier auch – selbst die Ausschilderung wurde immer schlechter. Und dann fuhren wir ein in Tübingen. In ein sehr, sehr, sehr volles Tübingen…

Wir hatten bereits im Vorfeld vergeblich versucht ein Zimmer zu finden, das für uns preislich akzeptabel war. Da aber die Hotelportale oft auch eine Schein-Knappheit an Zimmern darstellen sind wir auf direktem weg zur Touristeninformation geradelt. Schnell reingesprungen in der Absicht, mit einem gebuchten Zimmer wieder heraus zu kommen um das Wochenende in Tübingen zu verbringen. Die freundliche Dame konnte mit allerdings nur von einem Zimmer für 147 Euro/Nacht berichten, das frei wäre und drückte mir ein Heftchen mit Gästezimmern in die Hand mit dem Hinweis, ich könnte es ja mal telefonisch bei diesen Adressen versuchen. Vielleicht hätte ich ja Glück… vielleicht aber auch nicht. Es wäre nämlich wahnsinnig voll und keiner wisse warum.

Das war uns bisher noch nicht passiert – man ist am Zielort und kein Zimmer weit und breit. Wir sind dann kurz schiebend durch die Stadt gezogen und abgeschreckt von der wuseligen Menschenmenge wieder rauf auf die Räder und Richtung Stuttgart und Nürtingen weiter gefahren. Mit der Hoffnung, dass sich schon was findet früher oder später. Und einen Plan B hatten wir auch schon: Wenn wir bis Nürtingen (ca. 26km von Tübingen) nichts finden, dann setzen wir uns in den Zug nach Stuttgart wo es mit Sicherheit etwas gibt… vielleicht…

Zusatzstrecke Tübingen – Nürtingen

Auf dem Weg nach Nürtingen sahen wir auf einer Anhöhe eine hübsche Kleinstadt und dachten, dass es bei der Grösse bestimmt ein Gasthaus oder Pension gibt und sind so stramm bergauf gefahren (siehe den kleinen Wurmfortsatz auf der Karte oben – das war der Bergausflug). Nur um zu merken, dass selbst die einzige Gaststätte geschlossen ist und ausser einer einzigen Katze niemand auf der Strasse zu sehen war. Wieder was gelernt: Bevor man den Berg hinauf radelt sollte man sicher wissen, dass es oben das gibt, was man braucht…!

Also wieder runter und weiter nach Nürtingen. Als wir am Neckar entlang fuhren waren wir erstaunt, dass dieser weniger sauber aussieht und riecht als die Flüsse, denen wir zuvor gefolgt sind.

Neckar bei Nürtingen

Kurz vor Nürtingen

Kurz vor Nürtingen sahen wir dann einen Auskunftstafel der Stadt mit hilfreichen Informationen – unter anderem mit Hoteladressen und Rufnummern. Und wir hatten Glück und bekamen ein schönes Zimmer. Jetzt heisst es ein wenig erholen und sich darauf freuen, dass es Montag weiter geht!

Tag 5: Vom Erklettern der Schwäbischen Alb und nassen Katzen…

Die Strecke, die am 5. Tag vor uns lag hat mir von Beginn unserer Tour an Respekt abgenötigt. Mindestens Respekt – nachdem ich gemerkt habe, wieviel Kondition fehlt am Anfang der Radreise auch mehr…

Aber kneifen gilt nicht, und ich habe auch gemerkt, dass der Körper sich erstaunlich schnell auf die Anforderungen des Radfahrens einstellt und es jeden Tag besser läuft. Ausserdem ist da ja noch Susanne… Susanne, die Abends beim Grillen nicht nur verkündete, sie würde am liebsten mitkommen auf unsere Tour, sondern auch, dass die geplante Strecke am Pfaffenhofen vielleicht doch – ganz eventuell – zu lang und zu steil sei. Aber Susanne wäre nicht Susanne, wenn sie nicht gleich pragmatisch und enthusiastisch mit einer Idee käme wo ein gutes Ziel wäre und dazu auch noch eine Übernachtungsmögllichkeit findet. Glücklich, wer solche Freunde hat!

Wir haben also kurzerhand unsere Ursprungsplanung umgeworfen und Dapfen angepeilt. In Summe 74km mit einem interessanten, aber machbaren Streckenprofil, das wir nach einem 4-Sterne Frühstück bei unseren Freunden in Angriff nahmen.

Das erste Zwischenziel waren aber erst einmal Blaubeuren und der Blautopf. Wie schon auf dem Weg nach Pfaffenhofen geht es in der Umgebung von Pfaffenhofen und Ulm zunächst immer wieder leicht hoch und runter (ich kann jeden verstehen, der hier zum e-Bike greift), dann weht es aber zunehmend auf asphaltierten Wegen durch die Felder und am Waldrand vorbei. Es war herrlich – auch, weil wir durch den Rückenwind ohne grosse Anstrengung seh flott unterwegs waren und munter plaudernd die Fahrt geniessen konnten.

Auf dem Wen nach Blaubeuren

Bizarre Felsformation auf dem Weg nach Blaubeuren

Es war das bisher schönste Stück auf der Radtour und wir erreichten Blaubeuren sehr enthusiastisch. Da der Blautopf etwa auf halber Strecke zum Ziel in Dopfen liegt, haben wir die Gelegenheit genutzt und ein wenig auszuruhen und etwas zu essen, bevor es auf die zweite Hälfte und auf die Schwäbische Alb hinauf gehen sollte.

Blautopf

Frisch gestärkt schwangen wir uns fröhlich wiedr auf die Räder, vorbei an Blaubeuren und Richtung Schwäbischer Alb. Es ging die ganze Zeit leicht bergauf, aber nach wie vor in einer sehr angenehmen Art auf perfekten Radwegen, die dazu hervorragend ausgeschildert waren. Ein Paradis für Radfahrer. Es ist auch immer wieder fasziierend, wie viel man vond er Natur sieht, wenn man auf diese Art reist. Wir haben Meisen, Spatzen, Stiglitze gesehen, einen Specht und ein paar Rotschwänzchen – ein beeindruckendes Hornissennest mit gebührendem Abstand bewundert und heute dann Schwalben, die scheinbar Wettrennen mit Olli’s Fahrrad veranstalten wollten. Kamikazemässig auf Höhe seiner Räder fliegend sah das sehr spassig aus.

Auf dem Weg zur Schwäbischen Alb

Natürlich kam es, wie es kommen musste und der Berg war da. Bis Sondernach war alles normal, dann begann der 4km lange Anstieg. Serpentine nach Serpentine ging es bergan, schön langsam im kleinsten Gang und mit ein paar japsenden Pausen. Was wirklich toll war ist, dass die Strasse beinahe komplett unbefahren war und wir damit schwankend von der einen zur anderen Strassenseite fahren konnten, immer knapp unter Schritttempo.

Die Befriedigung als wir oben ankamen war riesig – noch vor 4 Tagen wäre dieser Aufstieg für mich nicht machbar gewesen. Es zeigt, dass man diese Touren mit jedem Konditionsniveau machen kann. Man muss sie gut planen, um nicht zu früh alle Kräfte aufzubrauchen und langsam Tag für Tag die Kondition für schwierigere Terrains aufzubauen. Wenn man das macht, dann macht eine lange Radreise enormen Spass.

Nachdem der grosse erste Anstieg geschafft war, machten wir uns auf den Weg zunächst bergab und dann hinauf auf den zweiten Anstieg, der deutlich kleiner und einfacher war. Ab hier sollte es einfacher sein – noch gut 60 Minuten bis zum Ziel: Juch-Heee!

Wir bemerkten ein paar Tropfen Regen, die uns aber nicht weiter irritierten. Wir waren ja gut verschwitzt – da wollten wir die Regenkleidung nicht drüber ziehen. Also locker weiter, es gab ein paar Tropfen mehr, dann ein paar Tropfen mehr und die Strecken begann sich von Asphalt in Schotter zu verändern. Ehe wir uns versahen regnete es in Strömen, wir fuhren durch immer tiefere Pfützen und wild bergab. Die Brillen beschlugen, der Regen lief mit Schweiss vermischt brennen in die Augen – irgendwann hatte ich kein Gefühl mehr in den Füssen. Olli meinte “das macht gerade keinen Spass mehr. Gar keinen Spass!” Und bekam von mir ein wehleidiges Grunzen als Antwort. Es war nicht schön.

Vollkommen durchgefroren, nass bis auf die haut kamen wir an der Unterkunft an. Wir müssen ausgesehen haben wir nasse Katzen – Die Besitzerin drückte uns einfach den Schlüssel in die Hand, sagte die Sauna wäre warm und dass das vermutlich das beste sei, was wir jetzt machen könnten. Nie klang das Wort Sauna süsser in unseren Ohren!

Es dauerte fast eine Stunde, bis ich wieder Gefühl in allen Zehen hatte – um 21 Uhr lagen wir total k.o. im Bett. Die Schwäbische Alb ist nichts für Weicheier…

Übernachtungstipp Dapfen: Gasthaus Zum Hirschen. Grosse, saubere Zimmer, topmoderner Wellnessbereich mit 3 Saunen (!), sehr nette Besitzer und gutbürgerliches Essen. Gutes Frühstück: https://hirsch-dapfen.de

Tag 4: Regenlotterie, kleine gemeine Anstiege und Übernachten im Irischen Pub

Wenn die Wettervorhersage Dauerregen meldet, dann sieht der Radwanderer mindestens so oft in den Himmel wie auf die Straße. Wir haben in den letzten Tagen den Himmel mit reichlich und mit Skepsis betrachtet.

Die Wettervorhersage kündigte für die Tour von Lauingen nach Pfaffenhofen Dauerregen an und wir haben die Regenkleidung in den Aussentaschen vorsichtshalber direkt greifbar verstaut. Zu Beginn der Strecke kamen wir an einem römischen Tempel in Lauingen vorbei,bevor es auf die Querfeldein-Strecke ging:

Römischer Tempel, Lauingen

Römische Rempelanlage, Lauingen

Die Strecke an Tag 4 war nach unserer Planung sowoh einfach als auch eher kurz mit rund 42km. Sie verlief von Lauingen über Günzburg nach Pfaffenhofen. Nach einem super Frühstück für Fahrradfahrer im Kastanienhof machten wir uns auf den Weg. Den Blick immer zwischen Himmel und Straße – aber wie durch ein Wunder blieben wir vom Regen auf der gesamten Strecke unbehelligt.

Bis Günzburg war der Radweg recht gleichmässig leicht ansteigend. Das lässt sich prima fahren, weil man einen angenehmen Rhythmus finden und beibehalten kann. Wir spürten den Wind und wechselnden Gegenwind, was aber gegenüber Regen die bessere Alternative war. Was die Stecke ab Günzburg anstrengender machte waren kleine, bissige Anstiege. Nach Günzburg muss man ordentlich klettern, um in der hübschenAltstadt einen Kaffee zu trinken. Das hat aber weder uns noch die vielen anderen Radler abgehalten.

Günzburg

Günzburg – Fahrradansturm

Nach der Pause ging es in munterem Auf – und Ab schweisstreibend bis nach Pfaffenhofen. Eine exzellente Vorbereitung für die Überquerung der Schwäbischen Alb am kommenden Tag. Zumindest tut es gut das zu denken, wenn man wieder im kleinsten Gang einen dieser kraftraubenden, fiesen kleinen Anstiege hoch-hechelt.

In Pfaffenhofen trafen wir unsere Freunde Markus und Susanne und ihre kleine Tochter Sophie. Die Strapazen wurden beim Grillen getröstet und mehr al wett gemacht.

Übernachtungstipp Pfaffenhofen: Das Pub “Fiddlers Green” hat 2 saubere Zimmer zu vermieten für 40Euro. Das Essen im Pub ist absolut empfehlenwert und wenn man Glück hat gibt es Live Musik! Allerdings gibt es kein Frühstück

FiddlersGreen Irish Pub: Biergarten

FiddlersGreen Irish Pub, Pfaffenhofen

https://fiddlersgreenpub.de/